«Gemeinsam gut essen dank Mittagstischen» 

Autor: Larissa Läubli

Das Angebot von Tischgemeinschaften wird immer grösser und bekannter. Denn kaum jemand isst über Mittag noch zuhause. Gleichzeitig vermisst man eine heimelige Atmosphäre und geselliges Beisammensein bei gutem Essen. Private Gastgeber laden deshalb Fremde zu sich ein und sorgen so neben einem frisch zubereiteten Menü für mehr Sozialkontakt. 

Wer kennt es nicht? Die Mittagspause bricht an und wieder einmal stellt sich die Frage: »Was esse ich heute?». Und da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, bleibt es meist auch bei der Verpflegung bei den selben Optionen wie immer. Sandwich und Salat vom Take-away gegenüber? Etwas vom Fast-Food-Laden um die Ecke? Oder man hat vorgekocht und wärmt sein Tupperware gefüllt mit - seien wir ehrlich - den immer gleichen Menüs. Je nach Situation sitzt man zudem ganz alleine in der Pause, obwohl man sich ein gutes Gespräch wünscht. Deshalb werden immer mehr Angebote im Internet geschaltet, wo private Hobbyköche zu selbstorganisierten Tischgemeinschaften und hausgemachtem Essen einladen. Dies ist für alle Menschen eine Bereicherung des Alltags.

Gemeinsames Mittagessen verbindet.

Mittagskultur von heute

Pendeln ist schon längst fester Bestandteil unseres Alltags. Über Mittag nach Hause zu gehen reicht dabei zeitlich nur wenigen. Und da mittlerweile meist beide Elternteile einer Arbeit nachgehen, sind bereits viele Schülerinnen und Schüler auf einen betreuten Mittagstisch angewiesen. Hier können sie gemeinsam mit ihren Klassenkameraden ihre Pause verbringen, bekommen ein warmes Menü und haben meist auch noch Zeit für Hausaufgaben. Gleichzeitig sorgen Mittagstische neben der Betreuung auch für gesunde Ernährung. So achtet man bei der Verpflegung darauf, dass es an Salat, Gemüse und Früchten nicht mangelt. Das Angebot hat sich durchaus bewährt und wird mittlerweile von vielen Schulen betrieben. Wieso also das Konzept nicht auch für Erwachsene anbieten? Während viele ihre Mittagspause alleine mit einem Sandwich vor dem Computer verbringen, kochen andere ein paar Strassen weiter für sich etwas und hätten nichts gegen einen Gast über Mittag. Deshalb entstehen mittlerweile lokale Plattformen, wo Personen, die gerne füreinander kochen und Gäste einladen, Termine und Menüpläne publizieren, wo sich dann jeder anmelden kann. Eine gute Gelegenheit, um Menschen zusammenzubringen. Natürlich finden sich auch Inserate für gemütliche Tischrunden am Abend oder einen herzhaften Brunch. Überhaupt ist für jeden Geschmack etwas dabei. So lassen sich bei den Angeboten vegetarische Gerichte, asiatische Spezialitäten oder Feines aus der Schweizer Küche finden. «Liebe geht durch den Magen», wie man so schön sagt. Doch auch ohne Schmetterlinge im Bauch, ist Essen schon längst nicht mehr das blosse stillen eines Grundbedürfnisses. Das gemeinsame Einnehmen einer Mahlzeit wurde zu einem festen Ritual mit sehr sozialen Komponenten. Man tauscht sich dabei aus, lacht zusammen und geniesst. Ein feines Essen dient deshalb schon seit jeher als geeignete Form zum Kennenlernen, um etwas zu feiern oder wieder einmal die Familie und Bekannte zu vereinen. Gerade wenn es im Job wieder einmal etwas stressig wird oder es anderweitig kriselt, wirkt sich ein Essen in Gesellschaft zudem gut auf die Psyche aus. Und so wird zu Esszeiten oft über Sorgen und Freuden gesprochen. Umso mehr wird gemeinsames Essen heute immer wichtiger, da es mittlerweile Gang und Gäbe ist, seine Mahlzeiten alleine vor dem Bildschirm einzunehmen. Studien belegen ausserdem, dass Essen vor dem Fernseher ablenkt und man automatisch mehr isst. Wer also auf eine einsame Mittagspause verzichten kann und gerne hausgemachte Spezialitäten in netter Gesellschaft geniesst, meldet sich am besten gleich bei einem Gastgeber aus der Nähe an.
Gutes Essen verbindet

…und gemeinsam schmeckt es einfach besser. Das weiss auch Regula* (56), leidenschaftliche Köchin aus der Ostschweiz. Früher ging es um die Mittagszeit bei ihr zuhause jeweils sehr turbulent zu und her und der Esstisch bildete jeweils den zentralen Mittelpunkt aller Geschehnisse. Ihre 3 Kinder kamen hungrig von der Schule und erzählten von den Geschehnissen des Vormittags. Oft brachten sie auch noch ihre Schulkameraden mit, da diese über Mittag allein zu Hause wären. Und so kochte Regula jeweils lieber mehr als genug und freute sich, wenn die Kinder die Teller leerten und dabei aus ihrem Leben berichteten, über aktuelle Themen diskutierten und gemeinsam lachten, um im Anschluss physisch wie psychisch gestärkt zurück zum Unterricht zu gehen. Doch ihre Kinder sind inzwischen erwachsen, haben teils schon selber eine Familie gegründet und leben in der ganzen Schweiz zerstreut. Termine für ein gemeinsames Essen zu finden gestalten sich durch die verschiedenen Jobs und Distanzen nur schwer. Und so ergeben sich für Regula immer seltener Gelegenheiten, den Kochlöffel zu schwingen und neue Rezepte auszuprobieren, obwohl sie nichts lieber täte. Jemand muss das Ganze ja auch noch essen! Regulas Mann arbeitet im Aussendienst und trifft sich mittags fast immer mit Kunden zu Business-Lunches. Deshalb reicht ihm abends eine kleine Mahlzeit, wenn er sowieso nicht direkt von der Arbeit ins Bett geht. So verbrachte Regula die Mittagszeit fast immer alleine und für sich alleine gross zu kochen lohnte sich nicht. Dabei vermisste sie die lebhaften Tischgespräche so sehr. Durch Zufall wurde die Hobbyköchin im Internet auf eine Webseite aufmerksam, wo Freiwillige sich als Gastgeber zur Verfügung stellen können. Sie inserieren wann es wo was zu essen gibt und jeder, der Interesse hat, darf sich für das Menü anmelden. Regula war sofort begeistert und schaltete sogleich selber eine Anzeige - mit Erfolg. Mittlerweile hat sie so einige Stammkunden gewonnen, die sehr regelmässig bei ihr vorbeikommen um miteinander zu essen und diskutieren. Dies liegt sicher auch an der zentralen Lage von Regulas Haus, welches sich nun zu einem sozialen Treffpunkt entwickelt hat. So finden sich mehrmals wöchentlich und in verschieden Kombinationen zwei Schulkolleginnen aus der 3. Klasse, ein Industriearbeiter aus der Umgebung, eine alleinerziehende Mutter mit Zwillingen und ein 84-jähriger verwitweter Senior an Regulas Esstisch wieder und freuen sich über die gemeinsame Zeit und ein leckeres Menü wie Suppe, Fleisch oder Pasta. Daneben schauen auch immer wieder neue Gäste bei Regula vorbei und integrieren sich jeweils problemlos in die generationenverbindende Gruppe. Durch die zahlreichen Besuche kennen sich die alle schon sehr gut und sind Regula sehr ans Herz gewachsen. Sie freut sich jeweils wieder neue Geschichten aus den Leben der anderen zu hören oder selber über ihren Tag zu erzählen. Und so ist für Regula ist die tägliche Einsamkeit am Mittag definitiv vorbei. 

*fiktive Person

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